Um die Frage aus dem Titel gleich zu beantworten: Es sind normalerweise wir beide, aber vor kurzem war es die Starterbatterie. Mehr dazu weiter unten…
Unsere Reisepläne in diesem Jahre wurden durch Corona nicht wesentlich eingeschränkt, da wir nach unserer großen Schweden-Tour sowieso kleine Brötchen backen und uns in heimischen Gefilden aufhalten wollten. Bereits im Mai waren wir bei phantastischem Corona-Wetter nach Büsum gesegelt, und viel weiter soll es in diesem Jahr auch nicht gehen.
Dithmarschen, Sabines Heimat, ist bekanntlich eine Insel von ungefähr den Ausmaßen des bebauten Londoner Stadtgebietes, nur eben etwas weniger dicht besiedelt. Vom Festland getrennt ist dieses „letzte Abenteuer Europas“ (Fremdenverkehrsbüro Dithmarschen) im Westen von der Nordsee, im Norden und Osten von der Eider, und im Südwesten vom Nord-Ostseekanal. Dass der Inselstatus nicht offiziell ist – geschenkt.
Rund Insel-Törns sind ja immer sehr beliebt, da man im Prinzip immer in eine Richtung fährt, und nie wirklich zurück, aber trotzdem wieder am Startpunkt ankommt (Rund Fünen, Rund Rügen, Um die Welt, etc.). Also warum nicht mal Rund Dithmarschen?
Bei kühlem und bedecktem Wetter fuhren wir in Wedel los, mit Tagesziel Gieselaukanal, einer unserer Lieblingsplätze, hier liegt man fast wie vor Anker in idyllischer Natur. Die Tide schob uns früh morgens die Elbe abwärts, wir konnten teils am Wind segeln, machten dann aber den Motor an um noch vor dem auflaufenden Wasser in Brunsbüttel zu schleusen. Die Schleusung ging schnell und unproblematisch vonstatten, und nun lag der lange Schlag auf dem NOK vor uns.
Nach etwa einer halben Stunde machte ich meine Instrumentenkontrolle. Die Spannungsanzeige der Batterie zeigte 16,7 V an, Tendenz steigend. Normalerweise zeigt sie unter Motorfahrt etwa 14 bis 15 V an. Dass das für eine nominelle 12 V Batterie nicht gesund sein konnte, war mir als Elektrik-Laien sofort klar. Allerdings hatte ich gelesen, man darf NIE die Batterie von der Lichtmaschine im laufenden Betrieb trennen. Mit meinem Laserthermometer maß ich die Temperatur der beiden Batterien. Beide waren sehr heiß, die kleine Starterbatterie hatte schon 85 Grad! In halber Panik (naja, unmittelbare Lebensgefahr bestand noch nicht) rief ich meinen Vater an, der sich mit Fahrzeugelektrik gut auskennt, und der sofort auf Lichtmaschine bzw. Regler tippte, und ja, während der Fahrt darf man die Lichtmaschine NIE von der Batterie trennen! Aber wenn die Batteriesäure kocht, ist das höchst gefährlich! Aha. Inzwischen fing die Starterbatterie an zu qualmen. Also, egal, ich stellte den Wahlregler der Batterieladung auf null, was für mich bedeutete, dass ich beide Batterien von der Lichtmaschine getrennt hatte. Nichts passierte, der Motor schnurrte weiter unbeeindruckt und ich sah zu meiner Erleichterung, dass die Volt-Anzeige, die inzwischen schon über 18 V anzeigte, sich nun in Richtung 12 V bewegte. Die Temperatur der Starterbatterie war schon bei über 90 °C als sie qualmte, und sie kühlte nur sehr, sehr langsam ab. Selbst am Abend im Gieselaukanal hatte sie noch über 50 Grad. Wir schafften es problemlos dorthin, und waren gespannt ob die Verbraucherbatterie (105 Ah) soweit OK war um den Motor zu starten. Dass die Starterbatterie hinüber war, war klar. Um es vorweg zu nehmen: die große Batterie war in Ordnung und brachte uns sicher nach Hause. Wir verfügten über keine Motorladung mehr, aber es reichte, weil wir alle zwei Tage (meist jeden Abend) am Landstrom hingen.
Die Eider beginnt hinter der Schleuse Lexfähre und schlängelt sich wie eine achtlos hingeworfene Festmacherleine durch Schleswig-Holstein. Es ist eine schöne und sehr entspannte Fahrt durch eine schwermütige Landschaft, sofern man Motorfahrt entspannt findet. Segeln kann man selbstverständlich auch, wenn man manövrierfreudig ist. Der Kirchturm von Süderstapel ist aus allen nautischen Richtungen zu bestaunen, von vorne, backbord, steuerbord, von achtern. Hier ist buchstäblich der Weg das Ziel. Auch ankern kann man fast überall, ganz dicht am Ufer.
In Horst verbrachten wir bei Freunden zwei schöne aber verregnete Tage. Hier entschieden wir uns nun entgegen der ursprünglichen Planung gegen den Rund-Törn, und dafür, auf demselben Weg wieder nach Hause zu fahren. Die Tidezeiten flussabwärts in Tönning und in der Außeneider (jeweils nahe Hochwasser zu passieren) waren kaum einzuhalten. Wir hatten einfach die falsche Richtung gewählt: im Uhrzeigersinn ist es viel einfacher, mit Helgoland über „Bande“. Man fährt dann einfach immer mit dem Flutstrom die Eider hoch und ist sicher bei Hochwasser am Sperrwerk, in Tönning, in Friedrichstadt und an der Schleuse Nordfeld, wo es in die tidenfreie Binneneider geht. Rund Dithmarschen wird also nachgeholt.
Randbemerkung: seit zwei Jahren sind die Häfen Tönning, Friedrichstadt sowie die Schleuse Nordfeld nicht mehr im offiziellen BSH-Tidenkalender enthalten. Ich konnte es erst nicht glauben, und blätterte das Ding immer wieder durch, die BSH-Gezeitenseite im Internet brachte auch nichts.
Auf der Rückfahrt ankerten wir am Ufer sehr idyllisch direkt in den Seerosen. Am besten mit Bug und Heckanker dicht und parallel zum Ufer, da der Platz zum Schwojen doch sehr beschränkt ist und man ja nicht mitten im Fahrwasser liegen will. Geht aber problemlos. Die Brückenöffnung in Pahlen sowie die Schleusen sind ohne Wartezeiten zu meistern, sofern man die Telefonnummern hat und auch benutzt. Die durchgehend sehr freundlichen Brücken- und Schleusenwärter sind dankbar für den Anruf und schalten, wenn möglich, gleich auf Grün wenn man ankommt, sodass es fast keine Wartezeiten gibt. In Lexfähre trafen wir wieder unsere Freunde von der Hinfahrt, und zusammen mit weiteren dazutelefonierten Freunden hatten wie einen sehr schönen Grillabend.
Die Rückschleusung in die Elbe (wir waren das einzige Boot in der riesigen Schleusenkammer) war problemlos, und in Glückstadt verbrachten wir noch einen völlig verregneten aber sehr entspannten Hafentag, bevor wir glücklich nach einer Woche „halb Rund Dithmarschen“ bei warmem und sonnigem Wetter in Wedel festmachten.
Übrigens: die Lichtmaschine samt Regler war in Ordnung; ein Massekabel hatte sich losvibriert und das hat wohl zu der überhöhten Ladespannung geführt. Das sah ich erst als ich die Lichtmaschine ausgebaut hatte um sie zu tauschen, das Kabel war an der unzugänglichen Unterseite abvibriert. Nun ist die alte Lichtmaschine wieder drin, ebenso wie eine neue Starterbatterie, und alles funktioniert tadellos. Es kann also losgehen zum zweiten Versuch „Rund Dithmarschen“!