Etwa 50 sm liegen vor uns, also nicht mehr als ich als Etappenstrecke auf meinem Hinweg die Meck-Pomm´sche Küste entlang zu überwinden hatte. Aber über See und ohne Küsten. Auf dem Weg liegen zwei neue Windparks, die wir scharf südlich umfahren, was so gut wie kein Umweg ist.
Zunächst können wir bei leichten 3-4 Bft aus W-SW segeln, dann hinter dem Windpark nimmt der Wind zu und geht aus Südwest. Die ausgebaumte Genua gerät immer wieder in die Abdeckung des Großsegels und schlägt brutal hin und her. Da habe ich Angst ums Vorstag und rolle sie ein. Wenig später müssen wir auch das Großsegel reffen, und Polly segelt so vor den immer höher von hinten anlaufenden Wellen 6 bis 7 Konten. Im Surf können es auch mal 9 und 10 kn werden. Polly läuft wie auf Schienen.
Wir entscheiden uns für die kleine Marina, etwas westlich vom großen Industriehafen, in dem es auch Liegeplätze gibt. Wir bekommen einen Superplatz direkt hinter der Einfahrt, mit Auslegern, also sehr einfach zum Anlegen. Wir sind happy dass diese erste unserer beiden langen „Überquerungen“ so problemlos gelaufen ist. Es waren 53 sm in 9h 45min.
Einige Anmerkungen zum Service in Deutschland und Skandinavien
Auf der Anreise von Schlutup nach Sassnitz musste ich ja viel motoren, sodass Dieselnachschub nun bald notwendig war. Schon in Sassnitz wollte ich nachtanken, aber hier zeigte sich mal wieder das Servicegefälle zu Skandinavien. Es gibt an der Pier in Sassnitz eine riesige Tankanlage, mit einem riesigen Schild, wo draufsteht: Für Berufsschifffahrt: 24h, Tel. xxx. Für Sportboote: Mo-Fr 9-11. Aha. Wer könnte da an Schikane denken?
Vergleich dazu in Rönne, Dänemark: Tankautomat, 24h nutzbar mit Kreditkarte, sehr einfach. Oft wird geschimpft über die in Dänemark vielerorts verschwundenen Hafenmeister, aber die Kassenautomaten funktionieren rund um die Uhr und ich bekomme jederzeit Zugang zu den Toiletten, Duschen etc., und nicht nur während der Dienstzeiten des Hafenmeisters. Und schnacken kann ich auch mit dem Stegnachbarn.
Ein weiteres Beispiel für das Servicegefälle (bzw. in der Servicementalität): In Sassnitz möchte Sabine zum Wein ein Glas Leitungswasser. Antwort vom Kellner: Leitungswasser geben wir nicht raus, Sie können Mineralwasser bestellen. Später in Kalmar und Byxelkrok kommt das Wasser ungefragt zum Wein. Das mit dem Wasser ist uns ein Jahr zuvor in Warnemünde in jedem Restaurant passiert (alternativ: Leitungswasser „dürfen“ wir nicht ausschenken). Auch sind uns dort Schilder an vielen Restauranttüren aufgefallen: WE HAVE NO WIFI! Großbuchstaben mit Ausrufezeichen. Da wird man zurechtgewiesen. Nicht etwa: „Sorry, we have no Wifi“. Es scheint, dass die Gastronomen die Nachfrage nach Wifi, wohl durch die vielen Filipinos der Kreuzfahrtschiffe die in Warnemünde anlegen, sehr genervt hat. Man könnte einer Nachfrage auch damit begegnen, dass man sie versucht zu befriedigen, aber das wollte man hier offensichtlich nicht. Wäre ja noch schöner, da könnte ja jeder kommen, von denen lassen wir uns schon gar nichts sagen, etc …
Ich bin sehr gerne in Sassnitz und Warnemünde, wo ich lange Jahre gearbeitet und gelebt habe. Aber, hallo, guckt mal über Euren Tellerrand hinaus! Es geht auch freundlicher.
Einen hab‘ ich noch ;-)
Schild in der Damentoilette Hafen Sassnitz: „Das Sicherheitsdatenblatt für Seife liegt beim Hafenmeister“
Leider haben wir versäumt das durchzulesen…